Wie ich zu meinem R16 kam.
Eines werdet Ihr im folgenden vielleicht verstehen: Nämlich warum ich die ganze Zeit so heiß auf Dietrichs braunen 68er TS bin (war, schnüff, jetzt ist er ja nicht mehr bei Dietrich…).

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Auf dem Thron vor der Sänfte.

Durch so einen kam ich nämlich zum
R 16. Wann das zum ersten Mal war, weiß ich nicht mehr genau. Es muss so um 1969 gewesen sein. Wie ich dieses erste Mal aber zum R 16 kam? Na gut, damals kam der R 16 vielleicht eher zu mir, oder ich wurde zu ihm getragen. Nein, nicht zu Dietrichs. Aber zu dem meines Vaters. So fing das nämlich alles an, mit mir und dem R 16.

Zuerst gab es natürlich zu Hause den damals fast obligatorischen Käfer, mit dem ich wie viele andere nach der Geburt aus der Klinik nach Hause gebracht wurde. Schon bald aber hatten meine Eltern genügend Weitsicht, auf moderne französische Automobiltechnik umzusteigen. Mein Papa kaufte den R 16 so, wie es sich für dieses Auto gehört: kataloggetreu erst in braun-metallic, den Nachfolger später in dunkelgrün. Beides TS jedenfalls, war ja Ehrensache (schön und sauschnell).

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Klare Sache: TS, braun, Armaturenbrett in Lederimitat, Fahrer beim Instrumenten-Check.

So konnte dann auch ich mich recht fortschrittlich durch die Gegend bewegen lassen. Und empfand es damals schon als enormen Komfort, dass man im Schatten eines R 16 so manche Geschäfte sicher erledigen konnte. Die Sitzqualität des Autos wurde dabei von meinem Töpfchen sicher nicht ganz erreicht. Man war ja doch verwöhnt durch den Wagen. Daher weise ich auf dem Bild auch auf die besonderen Vorzüge des Fahrzeugs hin, vermutlich weil ich lieber drin gesessen hätte. Aber gut, eine eingebaute Toilette kann man ja selbst vom R 16 nicht verlangen.

Natürlich war es damals das Wichtigste für mich, so oft wie möglich hinter dem Steuer Platz zu nehmen. Selber fahren war eher schwierig, weil der Abstand der Pedale zu meinen Schuhsohlen werksseitig ergonomisch nicht perfekt eingestellt war. Ich hatte daher gar nicht weiter darauf bestanden. Dafür zeigt sich auf dem Foto eindeutig, dass die Lenkradschaltung kinderleicht zu bedienen war (und noch ist). Man fragt sich, warum man überhaupt jemals nach anderen Lösungen gesucht hat.

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Schon damals technik-interessiert:
Klein-Jens testet die Lenkradschaltung.

Nun, ich war von diesem Auto also anscheinend so überzeugt, dass ich auch zu dessen Pflege eingespannt wurde (die Dose auf dem Boden vor der hinteren Tür ist Lackpolitur und keins meiner Fläschchen). Wie man weiter erkennen kann, fühlte ich mich dem optimalen Zustand des Fahrerplatzes immer besonders verpflichtet.

Später — im zweiten TS — konnte ich dann das Gefühl des souveränen Fahrens mit meinem neu hinzugekommenen kleinen Brüderchen teilen. Auf den Hintersitzen natürlich. Anscheinend wusste er den Wagen aber nicht so zu schätzen wie ich. Anders kann ich mir nicht erklären, warum er während einer langen Fahrt, auf der Rückbank stehend, langsam und unbemerkt ein Loch in den Sitzbezug knabberte. Aber er war halt auch noch recht klein zu der Zeit. Na ja, vielleicht hatte er den Wagen auch nur zum Fressen gern.

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Irgendwann hatte mein Vater den R 16 dann nicht mehr gern, denn erstens rostete er wohl kräftig, und zweitens gab es ja neue Modelle, so den R 12, danach dann ein paar R 30. Der R 12 war auch optisch der (schlimme) Übergang in die 70er Jahre, denn er wurde in quietschgrellem Sicherheitsorange angeschafft. Einige werden sich noch an Jürgen Elsners Essay zum Thema „Schönes Auto“ erinnern. Nun, SCHÖN war weder der R 12 noch diese Farbe. Von allen Nachfolgern des R 16 war der R 30 daher eigentlich der einzige richtige, finde ich. Irgendwann verschmerzte man dann den R 16, so ein R 30 war ja auch viel schneller und luxuriöser und… so entschwand der R 16 schließlich meinen Augen.

Wohl aber nicht meinem Sinn. Im Studium gab es plötzlich irgendwann dieses seltsame Gefühl, dass man sich da noch um etwas kümmern müsse. Vielleicht kennt Ihr das, so ein Gefühl, dass irgendeine Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. Dringend einer Aufarbeitung bedarf.

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Meine erste Begegnung mit meinem Auto (im Hintergrund der Verkäufer).

Meistens, bei mir jedenfalls, nähert man sich dem Objekt der Begierde dann zunächst über unverfängliche Informationsbeschaffung. Ganz so einfach wie heute war das nicht, ohne Internet und Computer. Nachdem man aber trotzdem über die MARKT und was weiß ich herausgefunden hatte, dass es eine R 16-IG gab (Regin Reuschel, Ihr wisst schon…?), folgt die Phase der Offenbarung (der eigenen), sprich, man schreibt einen und noch einen Brief und freut sich über die freundliche Antwort und die Informationen. Nun weiß man, was es alles noch gibt, was möglich ist! Man hat die Spur aufgenommen, man sieht dieses Fahrzeug endlich wieder mal in echt, man weiß, dass man ganz hart dran ist, ja, da war es, das Gefühl…!

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Sportliche Erfolge: Am einfachsten mit einem Urtyp!

Und dann folgte die Phase der Ernüchterung. Geld, Zeit, Platz, oh je, Alltagstauglichkeit nur mit Eigeninvestitionen an Liebe und etlichen Nachmittagen. Mann, was wäre das für eine coole Studentenkarre gewesen. Aber für diese „Entbehrungen“ war das Gefühl wohl doch noch nicht stark genug. Also verschwanden die Infos und die Kaufberatung und die Fotos irgendwo in einer Schachtel, und die

Zeit ging weiter ins Land. Bis, ja bis der Beruf eines Tages ein kleines Loch lässt und das mit dem Geld nicht mehr sooo problematisch ist wie vormals. Und dann kommt an einem Samstagnachmittag wieder dieses Gefühl (erinnert mich langsam an den Herrn der Ringe, das Ganze…), aber jetzt mit richtig Power.

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Schade, dass man die französischen Schilder nicht dranlassen konnte.

Und dann ging eigentlich alles ganz schnell. Im Sommer 1999 dem Club beigetreten, alle am Telefon wild gemacht, insbesondere Klaus Pölzl. Verschiedene Verkäufer ausfindig gemacht, sich viel zu stark auf einen braunen TS mit kleinen Rückleuchten im Topzustand fixiert (klar, was sonst?), festgestellt, dass man sich das 1999 vermutlich abschminken kann, sich Videos und Bilder von Fahrzeugen schicken lassen, die ganze Leiter rauf und runter.

Und dann ruft der Klaus an. Und sagt, da hätte der Jochen Hoch in Essen einen Urtyp, okay, kein TS, innen die Türverkleidungen rosa statt braun, wegen der Sonne, aus Südfrankreich halt. Aber dafür auch fast kein Rost, super Zustand, aus erster Hand, kein Unterbodenschutz mit Gammel… und dieses Urtypfeeling!

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Um es jetzt kurz zu machen: hingefahren, reingesetzt. An die Pedale kam ich auch ran (!). Probegefahren, einmal überall reingeschaut. Und wenn der Wagen anders gewesen wäre, hätte ich ihn trotzdem genommen. Das Gefühl hatte gesiegt.

Den Rest kennt Ihr vollständig. Der Wagen braucht bald wirklich mal ein bisschen Lackarbeit. Vielleicht auch noch ein bisschen mehr. Und einen braunen 68er TS will ich trotzdem noch haben.

Aber: Nur noch zusätzlich!

Jens Engelmann, Januar 2006